Folge 16 – August 2022

Vor 45 Jahren:

Bundesligarekord bis heute: Dieter Müller trifft gegen Werder 6 Mal!

Bei der Bundesligapartie des 1. FC Köln gegen den SV Werder Bremen am 17. August 1977
(3. Spieltag der Saison 77/78) kommt es zu einem bis heute einmaligen Torrekord. Dieter
Müller, Mittelstürmer der Kölner, trifft beim 7:2-Sieg seines FC gegen Werder sechs Mal!
Selbst seinem großen Namensvetter Gerd vom FC Bayern gelang dies in keinem seiner 427
Bundesligaspiele.
Dieter Müller, damals 23 Jahre alt und bereits amtierender Bundesligatorschützenkönig,
startet in das Spiel mit einem lupenreinen Hattrick (1:0 12. Minute, 2:0 23. Minute, 3:0 32.
Minute). Nach einem Tor für Werder in der 41. Minute (Schütze: Per Roentved) ist
Halbzeitpause. In der 52. Minute erhöht Dieter Müller auf 4:1, in der 73. Minute auf 5:1.
Dem zweiten Bremer Tor durch Uwe Bracht (81. Minute) lässt Heinz Flohe vier Minuten
später das 6:2 für die Kölner folgen. Direkt nach dem Wiederanstoß folgt Dieter Müllers
Rekordtreffer: Mit seinem sechsten Tor stellt er den Endstand von 7:2 her.
Am Ende der Saison ist Dieter Müller mit seinen Kölnern Deutscher Meister und DFBPokalsieger.
Die Torjägerkanone muss er sich mit Gerd Müller teilen (beide treffen 24 Mal).
Dieter Müller bleibt noch bis 1981 beim FC, für den er in insgesamt 248 Bundesligaspielen
159 Tore erzielt.
Vor 80 Jahren:

Vizeweltmeister und Europapokalsieger „ Siggi“ Held geboren

Am 12. August 1942, mitten im 2. Weltkrieg, kommt er in Freudenthal/Sudetenland zur
Welt, jetzt wird er achtzig Jahre alt: Sigfried Held, von allen nur „Siggi“ genannt. 1945
fliehen seine Eltern mit ihm und seinem Bruder in den Westen, nach Würzburg. Von dort
aus geht es schon sehr bald in das nahe Flüchtlingslager Marktheidenfeld. Beim örtlichen
TV Marktheidenfeld lernt „Siggi“ das Fußballspielen, 1963 wechselt er zum damaligen
Regionalligisten Kickers Offenbach. 1965 verpflichtet Bundesligist Borussia Dortmund den
22jährigen dribbelstarken Linksaußen. In Dortmund wird Siggi Held auf Anhieb
Stammspieler und Vizemeister (er absolviert gleich in seiner ersten Bundesligaspielzeit 30
Saisonspiele, schießt 11 Tore und erreicht einen Notenschnitt von 2,13). Er ist auch dabei,
als der BVB am 5. Mai 1966 als erste deutsche Mannschaft einen Europapokal gewinnt (ihm
gelingt dabei im Finale der Pokalsieger gegen den FC Liverpool das 1:0 für die Borussia,
Endstand: 2:1 nach Verlängerung) und er wird mit der deutschen Nationalelf bei der WM
`66 in England Vizeweltmeister (er bestreitet alle sechs deutschen WM-Partien, darunter
das Endspiel gegen den WM-Gastgeber, das nach Verlängerung mit 2:4 verloren geht; vom
legendären „Wembley-Tor“ sagt Held noch heute, dass es nicht hätte zählen dürfen).
Bei der WM 1970 in Mexiko kommt Siggi Held zu drei Einsätzen. Beim „Spiel des
Jahrhunderts“, dem Halbfinale gegen Italien, das nach Verlängerung unglücklich mit 3:4
verloren geht, wird er in der 66. Minute für Verteidiger Bernd Patzke eingewechselt.
1971 geht Held von Dortmund zurück nach Offenbach, obwohl die Kickers nur in der
Regionalliga, der damals zweithöchsten Spielklasse, spielen. Trotzdem setzt ihn
Bundestrainer Helmut Schön weiter in der Nationalelf ein, so auch beim vielbeachteten
3:1-Sieg gegen England im Europameisterschaftsviertelfinale in London im April 1972 (dem
ersten deutschen Sieg in England überhaupt), bei dem er eine starke Leistung zeigt.
Das EM-Endturnier im Juni 1972 in Belgien verpasst Siggi Held leider, denn er muss
zeitgleich mit seinen Offenbacher Kickers in der Bundesliga-Aufstiegsrunde antreten – heute
unvorstellbar. Die Offenbacher schaffen tatsächlich den Aufstieg, und Siggi Held ist zurück
in der Bundesliga, allerdings nur bis 1976, denn dann steigen die Kickers in die 2. Liga Süd
ab. Nach einem Jahr in der Zweitklassigkeit geht Siggi Held zurück an die Stätte seiner
größten Erfolge, nach Dortmund, wo er von 1977-1979 noch einmal zwei Jahre spielt, nun
allerdings nicht mehr als Außenstürmer, sondern im Mittelfeld.
Nach einem kurzen Intermezzo bei Preußen Münster (2. Liga Nord) zu Beginn der Saison
1979/80 geht es für Siggi Held Ende Oktober 1979, mit 37 Jahren, erneut zurück in die
Bundesliga: Er wechselt von Münster nach Uerdingen und bestreitet bis Juni 1981 59
Bundesligapartien für Bayer.
So endet Siggi Helds Spielerkarriere erst kurz vor seinem 39. Geburtstag, nach insgesamt
422 Bundesliga-, 49 Zweitliga- und 99 Regionalligaeinsätzen sowie 41 Länderspielen. Es
folgt ein Vierteljahrhundert als Trainer, und zwar sowohl im Inland (Schalke 04, Dynamo
Dresden, VfB Leipzig, BV Lüttringhausen) als auch im Ausland (Island, Türkei, Österreich,
Japan, Malta, Thailand). Nach seiner Trainerlaufbahn wird Siggi Held Fanbeauftragter bei
Borussia Dortmund. Er, der nie zu den Lautsprechern zählte, hat im Fußball alles erlebt und
könnte viel erzählen. So beispielsweise von seinem Besuch im ZDF-Sportstudio am 5.
Februar 1966, als er als erster Gast auf die Torwand schießen durfte…
Vor 100 Jahren:

Deutsches Endspiel HSV – Nürnberg ohne Sieger

Da das Finale um die deutsche Meisterschaft, das am 18. Juni 1922 in Berlin zwischen dem
Hamburger SV und Titelverteidiger 1. FC Nürnberg stattfindet, keinen Sieger hervorbringt
(in der „verlängerten Verlängerung“ wird die überharte Partie nach 189[!] Minuten beim
Stand von 2:2 wegen Einbruchs der Dunkelheit abgebrochen), erfolgt eine Neuansetzung.
Das Wiederholungsspiel findet am 6. August 1922 vor 50.000 Zuschauern in Leipzig statt.
Doch erneut gibt es keine sportliche Entscheidung. Nach Toren von Heinrich Träg für
Nürnberg (48. Minute) und Karl Schneider für den HSV (69. Minute) steht es nach 90
Minuten 1:1; für die Nürnberger ein Erfolg, denn ab der 19. Minute fehlt ihnen Willy Böß
wegen eines Platzverweises.
In der nun folgenden Verlängerung kommt es für den FCN knüppeldick: Der schon längere
Zeit angeschlagene Paul Kugler muss endgültig verletzt vom Platz (Auswechslungen sind
damals noch nicht gestattet), in der 100. Minute wird Heinrich Träg des Feldes verwiesen
und kurz darauf scheidet mit Luitpold Popp ein weiterer Nürnberger verletzungsbedingt
aus. Hierauf entscheidet Schiedsrichter Peco Bauwens, der spätere DFB-Präsident, in der
Halbzeit der Verlängerung, das Spiel abzubrechen, da nach dem Ausscheiden von Popp die
Anzahl der Club-Spieler unter der erforderlichen Mindestzahl von acht liegt.
Später gibt es Diskussionen um diese Entscheidung des Unparteiischen. Laut Regelwerk
musste ein Spiel zwar abgebrochen werden, wenn eine Mannschaft weniger als acht Spieler
auf dem Spielfeld hat, jedoch hätte der Abbruch nicht während der Pause erfolgen dürfen,
da diese nicht zum Spiel gehört.
Der DFB erklärt auf seiner Jahrestagung im November 1922 schließlich den HSV „am
grünen Tisch“ zum Deutschen Meister, dieser verzichtet jedoch auf den Titel (behauptet
allerdings später wiederum, der DFB habe ihn zu diesem Verzicht „genötigt“). Die
tatsächlichen Hintergründe sind bis heute nicht völlig geklärt.
Die Aufstellung des HSV beim zweiten Finale:
Hans Martens, Albert Beier, Rudi Agte, Hans Flohr, Asbjørn Halvorsen, Hans Krohn, Walter
Kolzen, Ludwig Breuel, Otto Harder, Karl Schneider, Hans Rave; Trainer: A. W. Turner
Das Team des 1. FCN:
Heinrich Stuhlfauth, Gustav Bark, Anton Kugler, Emil Köpplinger, Carl Riegel, Reizenstein,
Wolfgang Strobel, Luitpold Ppp, Willy Böß, Heinrich Träg, Hans Sutor;
Trainer: Izidor Kürschner
N. Voshaar [Lit.: Jürgen Bitter: „Deutschlands Fußballnationalspieler – Das Lexikon“ (1997) / Kicker-Edition: „100 Deutsche Meister“ (2012) /
Kicker-Almanach 2022 (2021) / Wikipedia]